Provokation. Essay.
Stanisław LemGegenstand des Essays »Provokation«, der sich als Besprechung des angeblich 1982 in Göttingen erschienenen, von dem nichtexistenten Historiker und Anthropologen Horst Aspernicus verfaßten zweibändigen Werkes »Der Völkermord« tarnt, ist der faschistische Völkermord an den europäischen Juden, seine Ursachen, seine Geschichte (»Endlösung als Erlösung«) und seine Folgen (»Fremdkörper Tod«), »eine bisher nie dagewesene historiosophische Hypothese über die verkannten Wurzeln des Völkermords und der Rolle, die der Tod, insbesondere der Massentod in der menschlichen Kultur aller Zeitalter bis zum heutigen Tag gespielt hat«, wie Lem im Februar 1983 in dem Abriß »Mein Leben« schrieb, der diesem scharfsinnigen und intelligenten Essay beigefügt ist.
In ebendieser Auto(r)biographie bekennt der zwar enttäuschte, aber keinesfalls verzweifelte Weltverbesserer Stanislaw Lem (geb. 1921 in Lwow), der das Gewissen der Menschen aufrütteln möchte, damit es sich nie wieder beruhige: »Ich glaube nämlich nicht, daß die Menschheit ein für immer hoffnungsloser und unheilbarer Fall ist.«